Guest Lecture: „Reise zum Realen: Die Fahrzeugfahrt als Metaphernsystem der Transzendenz“
CERES-Palais, Raum "Ruhrpott" (4.13)
Guest Lecture von Prof. Dr. Jens Schlieter (Universität Bern)
Seit der Erfindung des leichten, schnellen Pferdegespanns erfreuen sich die Fahrenden an den sich daraus ergebenden Möglichkeiten: sich in hoher Geschwindigkeit, im Galopp fast schon fliegend, zu bewegen, und dabei dennoch die Position der Beobachtenden einzunehmen, die ohne Mühe, als Steuernde lediglich in den Prozess der Lenkung eingebunden, von einem Ort zum anderen befördert werden. Es kann daher kaum erstaunen, dass die Fahrzeugfahrt in den frühen indischen, ägyptischen und griechisch-römischen Kulturen als eine Leitmetaphorik der „Reise zum Realen“, von Immanenz und Transzendenz, aufstieg. In grundlegender Hinsicht ist sie dies bis heute geblieben, auch wenn die Fahrzeugtechnologie sich weiterentwickelte.
Der Vortrag wird zunächst die Wagentechnik und den Fahrzeuggebrauch der Antike vorstellen (Sport, Kampf, Repräsentation, Transport, Reise), mit der Leitthese, dass es vor allem die jüngsten technologischen Artefakte waren, die in antiken Religionssystemen metaphorisiert wurden. Dann sollen die einzelnen Entfaltungsstufen des Metaphernsystems diskutiert werden: die konkrete Fahrerfahrung, die kosmischen Fahrzeuge der Götter und die Sport- und Streitwagen der Kulturheroen.
Im „Fahrzeugfahren“ als Befreiungspraxis, so die These, kommen alle Bedeutungen zusammen. Zuletzt stellt sich die Frage nach der Fahrt als Selbstzweck und Reise zum Ziel: Was bedeutet es für ein konkretes Religionssystem, wenn die Immanenz unter Perspektive der transzendenzproduzierenden Fahrzeugfahrt betrachtet wird? Könnte man letztere gewissermassen als eine bewusste Entkopplung von der Immanenz verstehen?
Der Gastvortrag wird auch via Zoom übertragen. Um teilzunehmen, melden Sie sich bitte bis zum 25.11.2022 unter folgendem Link an: https://eveeno.com/gl-sfb1475-28-11-2022